Das Bild von Gott trennt Christentum und Islam

Die grundlegenden Schriften von Christentum und Islam haben nicht nur eine ganz unterschiedliche Entstehungsgeschichte, sondern trotz inhaltlicher Parallelen ein ganz gegensätzliches Bild von Gott. Zu diesem Ergebnis kam Msgr. Herbert Baumann in seinem Vortrag „Bibel und Koran – was sie verbindet, was sie trennt“ beim KKV Kitzingen.
Baumann begann mit den unterschiedlichen Entstehungsgeschichten von Bibel und Koran: Während die Bibel im Verlauf von etwa 1000 Jahren entstanden ist und eine im Laufe der Geschichte wachsende Gotteserkennnis beschreibt, wurde der Koran in den Jahren 610 bis 632 n.Chr. geschrieben. Er enthält ausschließlich Worte des Propheten Mohammad in arabischer Sprache, die als unveränderliche, authentische Worte Gottes gelten.
Inhaltlich gebe es überraschend viele Übereinstimmungen in den heiligen Büchern der Christen und Muslime, führte Baumann aus. In den 114 Suren des Koran tauchten Texte und Gestalten der Bibel auf. So würden die ersten fünf Bücher des Alten Testaments, insbesondere der Schöpfungsbericht im Buch Genesis, in weiten Teilen übernommen. Adam gelte als Ursprung der Menschheit, Abraham als Stammvater der drei monotheistischen Religionen Judentum, Christentum und Islam. Jesus werde ehrfürchtig Prophet genannt; die christliche Vorstellung aber, dass er Gottes Sohn sei, werde ausdrücklich bestritten, ja als Sünde bezeichnet. Die Gemeinsamkeiten bezögen sich insgesamt eher auf das Alte Testament. Von den neutestamentlichen Evangelien finde sich lediglich die Verkündigung durch den Engel Gabriel wieder, wobei interessanterweise auch der Koran festhalte an der Jungfrauengeburt. Einige apokryphe Kindheitserzählungen Jesu haben ebenfalls Eingang in den Koran gefunden.
Der Referent wies aber auch hin auf sehr konträre Ansichten: So hätten Bibel und Koran ein unterschiedliches Verständnis von Offenbarung: Im Koran offenbare sich Gott im Buch (Inlibration). Die Bibel dagegen erzähle die Geschichte Gottes mit den Menschen. Danach liebt Gott den Menschen so sehr, dass er seinen Sohn Mensch werden lässt (Inkarnation). In Jesus werde Gott Mitmensch und Bruder. Der Koran hingegen beschreibe Gott als so gewaltig und groß, dass er keinem Menschen nahe sein will. Er bleibe völlig transzendent und stehe weit über dem Menschen. Nur die Bibel nenne den Menschen Ebenbild Gottes. Völlig fremd sei dem Koran der christliche Erlösungsgedanke. Im Islam werde der Mensch erlöst, wenn er die Gebote Gottes halte, sozusagen eine Selbsterlösung durch eigenes gläubiges Verhalten. Das Christentum sehe dagegen im Kreuzestod Jesu den Grundstein der Erlösung, die durch Gottes Gnade geschehe. Tod und Auferstehung Jesu bezeichne der Koran als Lüge der Juden; Jesus werde – wie alle anderen Menschen – am Ende der Tage auferstehen. Sich selbst sehe Mohammad als letzten großen Propheten.
Baumann schloss seine Ausführungen mit dem Hinweis auf die Brisanz eines christlich-muslimischen Dialogs. Er sei froh über die derzeit geführten, sehr intensiven Gespräche zwischen Islam-Gelehrten und der katholischen Kirche.