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Der Tod als Lebensthema

Nicole Rinder
Datum:
Veröffentlicht: 11.11.19
Von:
Klaus-Stefan Krieger

Bestatterin Nicole Rinder las beim KKV Hansa München aus ihrem Buch

Passend zum Monat November hatte der KKV München zu einer tief emotionalen und berührenden Autorenlesung mit Nicole Rinder ins Hansa-Haus geladen. In dem Buch „Der Tod bringt mich nicht um: Warum ich Bestatterin geworden bin“ hat Nicole Rinder ihr eigenes Schicksal und die Stationen ihres Lebensweges niedergeschrieben: Den Tod des Sohnes vier Tage nach der Geburt bewältigte sie durch intensive persönliche Auseinandersetzung mit dem Verlust. Heute steht Nicole Rinder Hinterbliebenen bei.

Passend zum Monat November hatte der KKV München zu einer tief emotionalen und berührenden Autorenlesung mit Nicole Rinder ins Hansa-Haus geladen. In dem Buch „Der Tod bringt mich nicht um: Warum ich Bestatterin geworden bin“ hat Nicole Rinder ihr eigenes Schicksal und die Stationen ihres Lebensweges niedergeschrieben.

Vier Wochen vor der Geburt erfuhr Nicole Rinder, dass ihr Sohn sterben wird. Vier Tage nach der Geburt stirbt ihr einziges Kind. Es war ein angekündigter Tod, ein langer Abschied und diese Erfahrung veränderte ihr Leben Der Tod wurde zum Lebensthema, zunächst durch die intensive persönliche Auseinandersetzung mit dem Verlust des Sohnes, dann durch die berufliche Veränderung von der Arzthelferin zur Trauerbegleiterin und Bestatterin. Sie hat es geschafft, den schmerzlichen Verlust auszuhalten und ihrem Leben eine neue Chance und Richtung gegeben.

Heute steht Nicole Rinder Menschen in den schwierigsten Stunden ihres Lebens zur Seite. Sie hilft, sich zu verabschieden vom verstorbenen Kind, dem verunglückten Bruder, der an einer Krankheit gestorben Oma oder dem Freund, der sich das Leben genommen hat. Diese Menschen begleitet sie mit all Ihrer Erfahrung auf dem ersten Stück eines langen, beschwerlichen Weges. Im Moment des Todes sind die Hinterbliebenen in aller Regel überfordert mit der Situation. Hier beginnt die Arbeit des Bestatters mit den Hinterbliebenen, für die ihm allerdings nur ein kleines Zeitfenster, nämlich die Tage zwischen Tod und Beerdigung, zur Verfügung steht.

Die Geburt und der Tod sind das intensivste im Leben eines Menschen. Um den Tod mit allen Sinnen begreifen zu können darf der Abschied als letzter Schritt auf keinen Fall versäumt werden, plädiert Rinder. Ein Abschied am offenen Sarg, von Angesicht zu Angesicht mit dem Toten könne hilfreich sein, den toten Körper loslassen zu können, um das Unbegreifliche zu begreifen und die Erinnerung an den lebenden Menschen zu bewahren. Besonders bei tragischen Todesfällen wie bei Kindern, Unfalltoden, Tötungen oder Suiziden sei der Abschied wichtig für die Hinterbliebenen. Nicole Rinder ist überzeugt, wie wir uns von einem Verstorbenen verabschieden, ist maßgeblich dafür, wie wir später weiterleben.

Fast eine Stunde beantwortete Nicole Rinder die Fragen der Teilnehmer. Fast kein Thema wurde ausgelassen. Ist eine Erdbestattung heute noch sinnvoll? Oder soll es doch lieber eine Feuer-, Baum- bzw. Naturbestattung sein? Wie lange darf man der Trauer Raum und Zeit geben? Wie funktioniert das Zusammenspiel zwischen Bestatter und Kirche? Darf der Sarg bemalt werden? Warum braucht es eine Lebens- und Trauerkultur?

Zum Schluss empfahl Nicole Rinder, sich frühzeitig mit dem eigenen Tod zu befassen: "Denn der Tod fragt nicht nach Alter, Herkunft und Ort. Er kommt wenn wir gerufen werden."

Die Autorenlesung von Nicole Rinder hatte zuvor auch beim KKV Augsburg stattgefunden.