Zum Inhalt springen

Der Wunsch nach einfachen Erklärungen in einer komplexen Welt

Hans Horst
Datum:
Veröffentlicht: 31.1.19
Von:
Klaus-Stefan Krieger

Dr. Hans Horst referierte beim KKV Erlangen über Verschwörungstheorien

Verschwörungstheorien erklären die Welt damit, dass einige wenige in böser Absicht das Schicksal aller Menschen steuern. Die Anhänger halten an solchen Thesen fest, obwohl sie sich nicht durch Fakten erhärten oder wissenschaftlich beweisen lassen. Verschwörungstheorien behandelte ein Vortrag von Dr. Hans Horst beim KKV Erlangen. In Zeiten von Fake News ein wichtiges Thema.

Als ein Beispiel nannte der Beauftragte für Weltanschauungsfragen des Erzbistums Bamberg die Behauptung, die Kondensstreifen der Flugzeuge dienten in Wahrheit dazu, die Menschheit zu vergiften. Solche Theorien würden durch das Internet befeuert, denn dort könnten sie sich rasch verbreiten und ließen sich nicht wieder „einfangen“.

Typisch für Verschwörungstheoretiker sei, dass sie sich gegen Einwände und Gegenbeweise immunisieren. Sie verschließen sich vor Kritik. Ein argumentatives Gespräch ist nicht mehr möglich. Das könne dann, so Horst, auch Züge einer Sekte annehmen. Es entstehe eine elitäre Gruppe, „die es besser weiß als alle anderen“. Die Anhänger isolierten sich und lebten in einer Parallelwelt.

Eine sehr alte Verschwörungstheorie ist, wie Horst aufzeigte, die von der jüdischen Weltherrschaft. Oft berufe sie sich auf eine gefälschte Quelle aus dem zaristischen Russland, die „Protokolle der Weisen von Zion“. In der arabischen Welt ist laut Horst diese Verschwörungstheorie weit verbreitet. Auch in Deutschland finde sie – im Zuge des Aufstiegs der AfD – wieder vermehrt Anhänger.

Wieso sind solche Verschwörungstheorien attraktiv? Horst konnte dies gerade an diesem antisemitischen Mythos aufzeigen: Veränderungen erzeugen Unsicherheit und lösen Ängste aus. Die komplexen gesellschaftlichen Verhältnisse sind unübersichtlich. Gerade die negativen Folgen von Wandlungsprozessen werden wahrgenommen. Bislang akzeptierte Weltbilder werden erschüttert. In einer solchen Situation suchen Menschen nach Halt, wünschen sich einfache Erklärungen. Naheliegende Erklärungen werden als zu simpel nicht akzeptiert. Agitatoren liefern dann entsprechende Begründungszusammenhänge. Krisen- und Übergangszeiten seien daher der Nährboden für Verschwörungstheorien.

Verschwörungstheorien entwerfen dabei Feindbilder. Es werden Sündenböcke ausgemacht, die schuld sind für Missstände und für Entwicklungen, die Unbehagen auslösen.

Gerade Menschen, die sich abgehängt fühlen, „Globalisierungsverlierer“ können, so Horst, anfällig für Verschwörungstheorien sein. Ebenso Menschen, die autoritär erzogen seien oder ein dualistisches Weltbild haben, das strikt in Gut und Böse scheidet. „Verschwörungstheorien erklären, warum guten Menschen Böses widerfährt“, formulierte der Referent.

Außerdem ist Horst davon überzeugt, dass nicht wenige Bürger noch eine feudale Vorstellung von Gesellschaft haben: Eine kleine gebildete Schicht, an deren Spitze die Mächtigen stehen, bestimme über die große Masse, das einfache Volk.

Was aber kann der Einzelne tun, um nicht einer Verschwörungstheorie aufzusitzen? „Wichtig ist es, Widersprüche aushalten zu können“, sagte Horst abschließend. Nicht jede Erklärungslücke lasse sich füllen, jedenfalls nicht sofort. Und jede wissenschaftliche Erklärung werfe wieder neue Fragen auf.