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Die Armenier: als angebliche Verräter verfolgt

Hacik Gazer
Datum:
Veröffentlicht: 28.5.15
Von:
Klaus-Stefan Krieger

Vortrag beim KKV Erlangen über den Genozid im Osmanischen Reich

Der Völkermord an den Armeniern 1915 im Osmanischen Reich genießt derzeit gesteigerte Aufmerksamkeit. Dazu trägt nicht allein das Gedenken an das Geschehen vor genau 100 Jahren bei, sondern vor allem die Weigerung der Türkei, das Verbrechen als Völkermord anzuerkennen. Auf Einladung des KKV Erlangen referierte Prof. Dr. Hacik Gazer über „Die Geschichte Armeniens und das Trauma des Genozids“. in der Diskussion nach dem Vortrag stellte Prof. Gazer besonders heraus, dass evangelische Christen aus Deutschland und hier gerade aus Franken die verfolgten Armenier mit Spenden stark unterstützten. Sie finanzierten Waisenhäuser und Werkstätten für Witwen in der Türkei. 200 Deutsche gingen sogar dorthin, um in den Häuser zu helfen. Gazer bezeichnete diesen „großen humanitären Einsatz ohne Ansehen der Konfession“ als „bewegend“.

Der Völkermord an den Armeniern 1915 im Osmanischen Reich genießt derzeit gesteigerte Aufmerksamkeit. Dazu trägt nicht allein das Gedenken an das Geschehen vor genau 100 Jahren bei, sondern vor allem die Weigerung der Türkei, das Verbrechen als Völkermord anzuerkennen. Auf Einladung des KKV Erlangen referierte Prof. Dr. Hacik Gazer über „Die Geschichte Armeniens und das Trauma des Genozids“.

Der Kirchenhistoriker, der selbst armenischer Abstammung ist, ging zunächst ausführlich auf die Vorgeschichte des Völkermords ein. Bereits im 1. Jahrtausend vor Christus als Urartu entstanden, war Armenien später ein kleines Land am Rand des Römischen Reiches in der osttürkischen und südkaukasischen Region. 301 nahm es als erstes Land der Welt das Christentum als Staatsreligion an. Es entwickelte eine eigene Schrift und Kultur.

Nachdem das Osmanische Reich entstanden war (ab dem 14. Jh.), wurde Armenien zum Gegenstand von dessen Expansion. Unter der Herrschaft der Osmanen waren die Armenier als Christen nicht gleichberechtigt und wurden ständig mit Steuern und Abgaben belastet.

Im 19. Jh. zerfiel das Osmanische Reich zusehends. Es hatte Wirtschaftsprobleme, war faktisch bankrott und verlor permanent Gebiete, so auch das östliche Armenien an Russland. Reformbemühungen scheiterten, 1908 kamen die „Jungtürken“ an die Macht. Sie verfolgten, so Gazer, eine „rassistische Ideologie“: Sie wollten ein Volk statt eines Vielvölkerstaates.

Bereits seit 1890 hatte es Übergriffe gegen Armenier gegeben. Im 1. Weltkrieg, als das Osmanische Reich an vier Fronten kämpfte, galten die Armenier als Verräter, weil im Herbst 1914 Armenier nach Russland flohen, wo viele Armenier lebten.

Am 24. April 1915 begann eine Verhaftungswelle gegen die armenische Intelligenz in Istanbul. Die Armenier wurden ins Landesinnere verschickt und dort umgebracht. „Die Jungtürken wollten das armenische Gedächtnis auslöschen“, urteilt Gazer. Unter dem Vorwand der Evakuierung aus Frontgebieten folgte die Deportation der Männer, dann der übrigen Bevölkerung aus den armenischen Dörfern in die syrische Wüste. Viele Menschen starben auf dem Weg. Eine Ansiedlung erfolgte nirgends.

Insbesondere in der Diskussion nach dem Vortrag stellte Prof. Gazer besonders heraus, dass evangelische Christen aus Deutschland und hier gerade aus Franken die verfolgten Armenier mit Spenden stark unterstützten. Sie finanzierten Waisenhäuser und Werkstätten für Witwen in der Türkei. 200 Deutsche gingen sogar dorthin, um in den Häuser zu helfen. Gazer bezeichnete diesen „großen humanitären Einsatz ohne Ansehen der Konfession“ als „bewegend“. Gegenwärtig erforsche seine Professur für Geschichte und Theologie des christlichen Ostens an der Universität Erlangen-Nürnberg diese Hilfsaktion – so sammle man die Belege im Evangelischen Sonntagsblatt.