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Die Welt leidet unter einer Plastik-Pandemie

Strategien gegen die Plastikflut
Datum:
Veröffentlicht: 8.6.21
Von:
Ulrike Schwerdtfeger

Julie Mildenberger referierte beim KKV Erlangen auch über Verhaltensregeln als Gegenstrategie

Covid 19 hat vieles nicht gerade besser gemacht. Vielerorts wird deutlich: Die Corona-Pandemie legt auch eine Plastik-Krise offen. Ohnehin werden in Europa, wo dreimal so viel Kunststoff verwendet wird wie im globalen Durchschnitt, bereits mehr als 60 Millionen Plastik pro Jahr verbraucht – Tendenz steigend, nicht zuletzt durch die großen Mengen an Mund-Nase-Masken sowie Einweg-Schutzausrüstung und -verpackungen zu Homeoffice-Zeiten. Zum Thema „Gut verpackt?! Leben ohne Plastik – unmöglich?“ sprach jetzt Julie Mildenberger vom Dritte Welt Laden Erlangen vor Mitgliedern des KKV Erlangen in St. Sebald.
Strategien gegen die Plastikflut

Covid 19 hat vieles nicht gerade besser gemacht. Vielerorts wird deutlich: Die Corona-Pandemie legt auch eine Plastik-Krise offen. Ohnehin werden in Europa, wo dreimal so viel Kunststoff verwendet wird wie im globalen Durchschnitt, bereits mehr als 60 Millionen Plastik pro Jahr verbraucht – Tendenz steigend, nicht zuletzt durch die großen Mengen an Mund-Nase-Masken sowie Einweg-Schutzausrüstung und -verpackungen zu Homeoffice-Zeiten. Zum Thema „Gut verpackt?! Leben ohne Plastik – unmöglich?“ sprach jetzt Julie Mildenberger vom Dritte Welt Laden Erlangen vor Mitgliedern des KKV Erlangen in St. Sebald.

Die Sozialpädagogin, die schwerpunktmäßig für die Bildungsarbeit der Einrichtung zuständig und „immer im Selbstversuch unterwegs“ ist, wie sie es nennt, möchte Mut machen, aus der Gewohnheit auszubrechen und Neues – wie etwa Plastik-Fasten – auszuprobieren. Stichwort: Bewahrung der Schöpfung. „Schon kleine Schritte sind ein Anfang“, findet die 61-Jährige, die seit 40 Jahren für den Dritte Welt Laden in Erlangen arbeitet, den es seit 1981 gibt. Neben dem Kaffee- und Lebensmittelverkauf, der rund 70 Prozent des Umsatzes ausmacht, geht es dort schwerpunktmäßig um Aktionen wie Ausstellungen, Vorträge und konsumkritische Stadtführungen. „Mit unseren Büchern zu den unterschiedlichsten Ländern der so genannten Dritten Welt wollen wir deutlich machen, dass Afrika nicht nur für Hunger steht, sondern beispielsweise auch für eine wunderbare Kultur“, erklärt Mildenberger.

Sie selbst geht mit gutem Beispiel voran und versucht etwa, weitgehend auf Plastik zu verzichten. Einkäufe in so genannten Unverpacktläden stehen für sie ebenso auf der Tagesordnung wie die Umsetzung von Nachhaltigkeit ganz konkret: Dazu gehört für sie, Leitungswasser zu trinken anstatt auf PET-Flaschen zurück zu greifen, weniger Fleisch und tierische Produkte zu essen, auf umweltfreundliche Körperpflege zu achten, also zum Beispiel Seife statt Duschgel zu verwenden, mehr selbst zu kochen und Vorratshaltung zu betreiben, bewusster und weniger konsumorientiert einzukaufen, Online-Käufe zu meiden und keine Papp-Kaffeebecher „to go“ zu verwenden. Hilfreich findet sie die so genannten R-Regeln, die als Leitfaden für einen nachhaltigen Umgang mit Ressourcen gesehen werden können: Refuse (vermeiden), reduce (reduzieren), reuse (wiederverwenden), repair (reparieren), recycle (recyclen) und rot (kompostieren).

„Meine Familie und ich setzen schon vieles von dem, was allgemein als nachhaltig empfohlen wird, um“, sagt eine Teilnehmerin der Veranstaltung. „Trotzdem erlebe ich mich immer wieder als nicht konsequent und stoße bei einigem an Grenzen, auch weil es vieles einfach nicht plastikfrei zu kaufen gibt.“ Eine globale und ambivalente Herausforderung, so wird an diesem Abend einmal mehr deutlich. „Wenn jeder einen gewissen Beitrag leistet“, findet Julie Mildenberger, „ist schon einiges gewonnen; jedes Umdenken lohnt sich.“ Und dann zeigt sie Bilder von in Plastikmüll verendeten Meeresschildkröten und kiloweise Plastikmüll aus dem Mageninhalt eines Wals. Bedrückende Bilder, auch die ganzer riesiger schwimmender Plastikflächen auf den Weltmeeren, so genannter Müllstrudel, von denen Plastikteilchen kilometertief sinken und nur erahnen lassen, dass eines Tages womöglich mehr Plastikpartikel als Fische im Meer schwimmen könnten. „Wer Müll produziert, sollte den auch selbst entsorgen“, sagt jemand aus der Runde, „und nicht in Länder transportieren (lassen), die neben Elektroschrott auch noch mit Hunger und Armut zu kämpfen haben.“

Der weltweite Verbrauch an Plastik ist gravierend: Die Kunststoffmenge habe sich in den letzten 20 Jahren verdoppelt, gibt Mildenberger zu bedenken. Eine große Gefahr sieht sie besonders im Mikroplastik, festen, wasserunlöslichen Kunststoffpartikeln, die fünf Millimeter und kleiner und „einfach überall“ seien, über die Flüsse ins Meer und damit auch in die Nahrungskette gelangten.

Information/Kontakt: www.dritte-welt-laden-erlangen.de

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