Etwa 8 Prozent der Berufstätigen muss dauernd erreichbar sein
KKV-Landesvorsitzender befasste sich im Münchener Hansa-Haus mit der Problematik ständiger beruflicher Beanspruchung durch Handy, Smartphone und Co.
Jeder Bahnkunde kennt ihn: den Mitreisenden, der unablässig auf dem Handy mit seinem Büro, Kunden oder Geschäftspartnern telefoniert. Manch einer weiß auch vom Chef zu erzählen, der um 11 Uhr abends seinem Mitarbeiter eine E-Mail schickt, er solle die Präsentation für den kommenden Morgen ändern. Dank der modernen elektronischen Kommunikationsmittel ist heute jeder Mensch zu jeder Tageszeit an jedem Ort der Welt für berufliche Belange erreichbar. Und am Ende der Dauerbeanspruchung steht dann der Burn-out. Der KKV Verband der Katholiken in Wirtschaft und Verwaltung hat daher eine Kampagne ins Leben gerufen. Ihr Motto: „Jeder hat das Recht auf Unerreichbarkeit.“
Doch wie sieht es mit den Fakten aus – unabhängig vom subjektiven Eindruck, jedermann sei nur noch mit seinem Smartphone beschäftigt? In einem Vortrag im Münchener KKV Hansa Haus ging Dr. Klaus-Stefan Krieger, der Vorsitzende des KKV Landesverbandes Bayern, der Frage nach, wie belastet Berufstätige durch dauernde Erreichbarkeit tatsächlich sind. Er wertete dazu die wenigen wissenschaftlichen Studien aus, die dem Thema bislang nachgingen, vor allem Expertisen im Auftrag der Krankenkassen AOK und DAK.
Die Untersuchungen kommen laut Krieger zu dem Ergebnis: Ständige Erreichbarkeit ist kein Massenphänomen. Etwa die Hälfte der Beschäftigten wird nie oder fast nie zu Hause wegen beruflicher Fragen angerufen. Und zwei Drittel liest außerhalb der Arbeitszeit keine dienstlichen E-Mails. Doch es gibt einen Anteil von gut 8 % der Berufstätigen, die tatsächlich dauernd beansprucht sind: weil sie in der Freizeit sowohl berufliche Telefonate entgegennehmen als auch berufliche E-Mails lesen und dies sogar im Urlaub.
Diese stark in Anspruch genommenen Mitarbeiter tragen, zitierte Krieger die Studien, tragen ein hohes gesundheitliches Risiko. Ein Viertel von ihnen zeigt Anzeichen einer Depression. Alarmierend ist auch die Zunahme psychischer Ursachen bei den krankheitsbedingten Fehlzeiten. Ihr entspricht nämlich kein Anwachsen psychischer Erkrankungen in der Gesamtbevölkerung.
Wie lässt sich für die, die ständig erreichbar sein sollen, die Belastung reduzieren? Manche Arbeitgeber haben sich inzwischen selbst verpflichtet, ihre Mitarbeiter in der Freizeit nur im Notfall zu kontaktieren. Andere haben mit den Arbeitnehmervertretern diesbezüglich Betriebs- oder Dienstvereinbarungen geschlossen. In der Diskussion nach dem Vortrag wurde auch stark die Eigenverantwortung der Berufstätigen akzentuiert. Sie müssten ihren Umgang mit Mobiltelefon, Smartphone und Sozialen Medien wie Facebook reflektieren und Selbstdisziplin einüben.