Flüchtlinge wie Einheimische müssen auf den Rechtsstaat vertrauen können
Bayerns Innenminister Joachim Herrmann sprach beim KKV auf Schloss Hirschberg

Zwischen Freiheit, Toleranz und Sicherheit – in diesem Spannungsfeld sieht sich Deutschland angesichts der vielen Flüchtlinge. In diesem Spannungsfeld bewegt sich auch der bayerische Innenminister. Beim Hirschberg-Forum nahm er als Hauptredner dazu Stellung.
Erlangen, die Stadt, in der er lebt, sei geprägt von der Aufnahme der Hugenotten vor 330 Jahren. Auch diese Glaubensflüchtlinge seien hätten den Einheimischen durch die vom Markgrafen verfügte Einquartierung zunächst Einschränkungen gebracht, dann aber dank ihrer Handwerkskunst der Stadt einen enormen wirtschaftlichen Aufstieg beschert. Mit diesem Beispiel verdeutlichte Joachim Herrmann, dass Migration und Fremdenangst nicht erst Probleme des 21. Jahrhunderts sind.
Die Einwanderung von über einer Million Flüchtlingen 2015 sei freilich eine nicht vorhersehbare Herausforderung gewesen. Niemand, auch die Kirchen nicht, hätten dies vorausgesagt, betonte der Staatsminister. 90 % der Schutzsuchenden seien über die bayerisch-österreichische Grenze gekommen. „Bayern hat die Hauptlast der Erstaufnahme gestemmt“, betonte Herrmann. „und alle sind humanitär gut behandelt worden.“ Und zwar nicht nur dank der großen Hilfsbereitschaft der Bevölkerung, sondern auch durch die staatlichen Stellen.
Die Zuwanderung des vergangenen Jahres ließe sich jedoch nicht auf Dauer durchhalten. Denn es gehe nicht nur um die Erstaufnahme, sondern vielmehr um die langfristige Integration. 155.000 Personen allein im Freistaat Wohnung, Arbeitsplätze, Kinderbetreuung und Schulen zur Verfügung zu stellen, bedeute Infrastruktur in der Größenordnung einer Stadt wie Würzburg, Ingolstadt oder Regensburg zu schaffen.
Die Debatte um die Begrenzung des Zuzugs habe die bayerische Staatsregierung aber nie „auf dem Rücken der Flüchtlinge“ ausgetragen, wehrte Herrmann bekannte Vorwürfe ab. Sie habe nie gefordert, das Asylrecht einzuschränken. Vielmehr gehe es darum, dass geltendes deutsches und europäisches Recht auch tatsächlich angewendet werde. An den Außengrenzen Europas müsse – wie vereinbart – kontrolliert werden. Die Asylbewerber seien zu registrieren und ihr Anspruch auf Asyl zu prüfen. Es gehe nicht an, dass Flüchtlinge ungehindert in Europa vagabundieren. „Kein Flüchtling hat das Recht, sich das Land auszusuchen, in dem er leben will.“
Über diese Grundsätze hätten sich einzelne Länder jedoch hinweggesetzt und Flüchtlinge einfach weitergeschickt. „Das ist jetzt beendet“, sagte Herrmann. Die Bürger müssten auf den Rechtsstaat vertrauen könne. Einerseits müsse es gelten, wenn ein Asylbewerber anerkannt sei. Gewalt gegen Flüchtlinge sei ein Verbrechen, wer es begehe, gehöre hinter Gitter. Andererseits müssten abgelehnte Asylbewerber zurückkehren. Aber auch bei denen aus sicheren Herkunftsländern, werde der Antrag geprüft und nicht ohne individuelle Beurteilung abgelehnt. In Deutschland könne der Asylbewerber zudem gegen die Ablehnung klagen. „Das gibt es in anderen Staaten wie den USA oder Kanada nicht“, betonte Herrmann.
Stellung nahm der Innenminister auch zu Fragen der inneren Sicherheit. 17.000 Einsätze habe die Polizei 2015 in Asylbewerberunterkünften geleistet. Allerdings werde das Gros der Straftaten von Asylbewerbern untereinander begangen. „Das sind oft Menschen, die es gewohnt sind, Auseinandersetzungen selbst und handgreiflich zu lösen.“ Das Gewaltmonopol des Staates durchzusetzen, gehöre zu den großen Herausforderungen der Integration.
Terrorismus sei allerdings, schränkte Herrmann ein, nicht nur eine Frage der Sicherheit, sondern auch der geistigen Auseinandersetzung. Zwar hätten Gewalttäter das Durcheinander der Zuwanderung genutzt, um einzureisen. Viele seien aber auch in unserem Land fanatisiert worden. Hermann forderte daher: „Wir müssen für unsere Grundwerte wie Toleranz, Menschenwürde, Meinungsfreiheit und Gleichberechtigung von Mann und Frau aktiv werben und sie verteidigen. Da sind auch die Kirchen gefragt.“ Allein die deutsche Sprache zu erwerben, reiche für Integration nicht aus. Wer einwandere und bleiben wolle, dürfe nicht in geistiger Differenz zur deutschen Gesellschaft stehen.
Abschließend kündigte Herrmann an, Bayern werde seine Hilfe in den Flüchtlingslagern der Herkunftsregionen verstärken. Als Bundesland sei es dafür eigentlich nicht zuständig, der Freistaat wolle aber ganz bewusst ein Zeichen setzen.
