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"Intelligenzentwickler – der zukunftsfähigste Job"

Dr. Franz Hütter im KKV Hansa Haus
Datum:
Veröffentlicht: 7.6.23
Von:
Gabriele Riffert

Abend mit dem Hirnforscher Franz Hütter zum Thema „Future Skills – aber wie?“ im Münchener KKV Hansa Haus

Nach einer aktuellen Studie des World Economic Forum werden 44 Prozent der Fähigkeiten heutiger Arbeitnehmer in fünf Jahren nicht mehr gebraucht. Auch Hirnforscher Dr. Franz Hütter ist überzeugt, dass Künstliche Intelligenz etliche Aufgaben in Zukunft schneller erledigen. Andererseits seien pädagogische, soziale, viele pflegerische, medizinische und handwerkliche Berufe sowie der Sektor Landwirtschaft nicht zu ersetzen.

Rund 30 Interessierte nehmen am 26. Mai an der Veranstaltung des KKV-Bildungswerks mit Dr. Franz Hütter im KKV Hansa Haus in München teil. Weitere verfolgen die Veranstaltung per Zoom. Hütter ist Berater, Coach und Autor von Fachbüchern zum Thema Hirnforschung, der auch an zwei Hochschulen Applied Cognitive Neuroscience lehrt. Er erklärt zunächst, wie sich Lernprozesse im Gehirn abbilden. Dazu zeigt er einen kurzen Einspieler, der die Vernetzung von Nervenzellen und den Aufbau von Dendriten beim gezielten Lernen illustriert. Wer dauerhaft neugierig ist und gerne lernt, dabei seinem Gehirn auch gezielt kreative Aufgaben stellt, der entwickelt einen um rund 15 Prunkte höheren Intelligenzquotienten als jemand, der dies nicht tut, erfahren die Anwesenden.

Auf die menschliche Kreativität setzt Franz Hütter auch bei den „Future Skills“, also den menschlichen Fähigkeiten, die auch in Zukunft gebaucht werden und zugleich die Ausgestaltung der Zukunft ermöglichen.

Nach einer aktuellen Studie des World Economic Forum sei zu erwarten, dass 44 Prozent der Fähigkeiten (Skills) heutiger Arbeitnehmer in fünf Jahren nicht mehr gebraucht würden, so Hütter. Bill Gates, der Begründer von Microsoft, rechne damit, dass die Nachfrage nach vielen Qualifikationen bald deutlich niedriger sein werde. „Viele von uns nutzen heute schon Chat GPT und können mit einer präzisen Aufgabenstellung in einer Minute Resultate erhalten, für die man früher eine Assistenzkraft eine Woche beschäftigen musste. Und die KI wird immer besser, je mehr sie nutzen“, betont Franz Hütter. Er selbst habe kürzlich von Chat GPT 4.0 eine Liste von wissenschaftlichen Studien zu einem bestimmten Thema inklusive Erscheinungsdatum und Belegstellen tabellarisch erstellen lassen.

Allerdings dürfe man sich nicht blindlings auf die KI verlassen, denn diese beschaffe Ergebnisse oft auch nach Plausibilitätskriterien aufgrund gefundener früherer Erfahrungen im Netz. In der Hand von Fachleuten könne das Programm aber viel zur Arbeitserleichterung beitragen.

Auch im Bereich der bildlichen Darstellung könne man KI gut einsetzen. So zeigt Franz Hütter das beachtliche Ergebnis, das das KI-basierte Bilderstellungstool „Midjourney“ zum Thema „Den Teufel an die Wand malen“ generiert hat. Dabei ist ein Mann zu sehen, der mit dem Malerpinsel eine Teufelsfigur farbig an eine weiße Wand malt. Dieses Bild unterliegt weder einem Copyright noch verletzt es Persönlichkeitsrechte. Es kann also sofort honorarfrei verwendet werden, ohne dass jemand die Verwendung des Fotos erlauben muss. „Das macht es in Zukunft für Fotografen, die Symbolbilder verkaufen wollen, nicht einfacher“, erklärt der Neuroscience-Experte. Trotz solcher Beispiele sieht er vor allem die Vorteile der Anwendung von KI. Sollte deren Anwendung in Europa durch restriktive Gesetze eng gefasst werden, so würde dies mit hoher Wahrscheinlichkeit dazu führen, dass die europäische Wirtschaft vom Weltmarkt „abgehängt“ werde.

Arbeitsplätze und sinnvolle Tätigkeiten wird es nach Franz Hütters Überzeugung auch in Zukunft für die meisten Menschen geben. Vor allem pädagogische, soziale, viele pflegerische, medizinische und handwerkliche Berufe sowie der Sektor Landwirtschaft seien nicht substituierbar. Dennoch müssten die meisten Beschäftigten offen bleiben für das Thema lebenslanges Lernen und vor allem für die gezielte Entwicklung ihrer eigenen Intelligenz und Kreativität.

In der anschließenden lebhaften Diskussion besteht Einvernehmen darin, dass man heute kaum mehr seriös die Entwicklung der nächsten zehn Jahre prognostizieren könne. Allerdings sei das menschliche Gehirn höchst anpassungsfähig und könne mit neuen Herausforderungen gut umgehen. Dazu müssen die Menschen allerdings gezielt ihre Intelligenz entwickelten und nicht etwa aus Bequemlichkeit nur in einer konsumierenden Haltung verharren. Auch Zukunftsangst sei ein schlechter Ratgeber zur Erlangung von Future Skills. Hütters Fazit, das er in eine fiktive Stellenanzeige gegossen hat, lautet folgerichtig: „Intelligenzentwickler (m/w/d) – Der aktuell wohl heißeste Job“.