Rechtspopulisten kapern Themen von Christen

Videokonferenz mit CPH-Direktor eröffnete Jahresthema „Freiheit bewahren, Demokratie stärken“
Es war die erste digitale Veranstaltung des KKV Bayern und zugleich das erste Mal, dass der Verband sich intensiver mit seinem Jahresthema „Freiheit bewahren, Demokratie stärken“ beschäftigen konnte. Mitgeholfen hat die Akademie Caritas-Pirckheimer-Haus in Nürnberg. Sie stellte nicht nur die Videokonferenz-Technik. Ihr Direktor Dr. Siegfried Grillmeyer bereitete das Thema auch inhaltlich auf. Es ging um Rechtspopulismus – und was er Christen angeht.
Grillmeyer gab zunächst eine Definition von Rechtspopulismus. Charakteristisch sei der Anspruch, den Volkswillen zu vertreten. Dabei sei „das Volk“ aber nicht die Bevölkerung, sondern grenze sich als „das wahre Volk“ biologistisch von gesellschaftlichen Gruppen ab, die als nicht zugehörig und unterlegen betrachtet werden. Zum Rechtspopulismus gehörten daher Ideologien wie Rassismus, Antisemitismus, Fremdenfeindlichkeit, Sexismus, Homophobie, Ablehnung von Asylbewerbern, Behinderten und Obdachlosen. Typisch sei das Narrativ, das Volk werde von diesen Gruppen bedroht.
Der radikalisierte Nationalismus der Rechtspopulisten geht einher mit autoritären Vorstellungen von Gesellschaft und mit der Gefolgschaft gegenüber Führerfiguren. Dementsprechend verachteten Rechtspopulisten die Demokratie. Ihre politischen Organisationen, die sich als Bund, Liga, Liste, Front, Bewegung, Alternative bezeichnen, grenzen sich ab von den „etablierten“ Parteien, die sie mit dem Nazi-Begriff „Altparteien“ diffamieren.
Von daher, so Grillmeyer, gibt es Schnittmengen zwischen alter und neuer Rechte, zwischen Neonazis und Rechtspopulisten. Beziehungen etwa von AfDlern zu alten NPD-Kadern oder dem NSU seien belegt – etwa durch gemeinsame Auftritte bei Demonstrationen. Grillmeyer zeigte auch wörtliche Anleihen aus Reden und Texten von Nazi-Größen auf, etwa des AfDlers Björn Höcke bei Joseph Goebbels.
Als große Gefahr des Rechtspopulismus bezeichnete Grillmeyer, dass dieser Anschluss an die bürgerliche Mitte sucht und – etwa durch Kritik an der Asylpolitik oder an Maßnahmen in der Corona-Pandemie – auch findet.
Hier verortet Grillmeyer die Bedeutung der Problematik für Christen. Denn die Rechtspopulisten griffen Themen auf, die konservativen Christen wichtig seien: Islam und Islamismus, Familienbilder und Geschlechterverhältnisse, Flucht und Asyl, Identität und Heimat. Bei Abtreibung und Gender komme es zum Schulterschluss.
Demgegenüber müsse man deutlich machen, dass die AfD „ein anderes Menschenbild“ vertrete. Für die Rechtspopulisten „ist nicht jeder Mensch gottebenbildlich.“ Grillmeyer verwies auf eine interessante Erhebung von 2018: 16 % der kirchenfernen Christen können sich vorstellen, AfD zu wählen, aber nur 3-4 % der kirchennahen. Wer im Glauben verankert ist, erkennt offensichtlich die weltanschauliche Differenz.
Stellt sich die Frage: Soll man mit Rechten reden? Ausgrenzung bestätige die Rechten in der von ihnen behaupteten Opferrolle, sagen die Befürworter. Dies übersehe, dass die Populisten den Diskurs verachten, wendet die Gegenposition ein. Wer mit ihnen rede, erwecke den Eindruck, ihre Ansichten seien legitim. Für Grillmeyer bleibt nur, zu unterscheiden zwischen den Propagandisten und den Wählern.
In den Rückfragen der Teilnehmenden ging es dann z.B. um die Corona-Leugner. Grillmeyer stellte fest, dass bei den Querdenkern Antisemitismus in neuem Gewand daherkomme. Das ermögliche Rechtspopulisten neue Allianzen mit Esoterikern und Impfgegnern.
Literatur: Dem Populismus widerstehen. Arbeitshilfe zum kirchlichen Umgang mit rechtspopulistischen Tendenzen, Arbeitshilfen Nr. 305, Herausgeber: Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz, Bonn 2019