„Salafismus ist das Ergebnis misslungener Integration“

Vortrag beim KKV Erlangen
Die großangelegten Razzien bei den Salafisten der Organisation „Die wahre Religion“ waren gerade zwei Tage her, als sich der KKV Erlangen mit dem Thema Salafismus befasste. Höchstaktuell war , wie Ortsvorsitzender Kurt Reiter eingangs betonte, der Vortrag über die Gefahren, die von dieser Strömung des Islam ausgehen.
Dr. Hans Horst, Leiter der Beratungsstelle für Weltanschauungsfragen und Dekanatsbeauftragter für interreligiösen Dialog in Erlangen, begann mit einer Entwarnung: „Nicht alle Muslime sind gewaltbereit.“ Von den 4 Millionen Muslimen in Deutschland seien derzeit 8.350 Salafisten. Es handle sich also um einen verhältnismäßig kleinen Personenkreis. Vor einer Verallgemeinerung sei unbedingt zu warnen, zumal viele muslimische Gemeinden in Deutschland versuchten, die Menschen vom Salafismus fernzuhalten.
Horst charakterisierte Salafismus als eine fundamentalistische Strömung des sunnitischen Islams. Auffällig sei, dass sich überwiegend Jugendliche für diese Gruppierung interessieren würden. Diese jungen Menschen stammten vor allem aus zerrütteten Familienverhältnissen. Außerdem hätten sie vor ihrem Einstieg bei den Salafisten nur wenige soziale Kontakte gehabt. Gründe, weshalb die Salafisten gerade durch junge Leute Zulauf fänden, seien die Rebellion gegen die Eltern. Nicht zuletzt verleihe die Zugehörigkeit zu den Salafisten den Jugendlichen ein gewisses Machtgefühl.
Doch warum erscheint der Salafismus jungen Menschen so attraktiv? Zunächst vermittle der Salafismus eher ungefährlichere Regeln, so Horst, die ganz vernünftig klängen. Die Anhänger sollten beispielsweise keinen Alkohol trinken und keine Drogen nehmen. Durch eine gemeinsame, spezielle Kleidung bekomme man schnell ein Gemeinschaftsgefühl. Ausschlaggebend sei für die jungen Menschen jedoch, dass die Salafisten ihnen in einer schwierigen Lebensphase einfache Antworten gäben. Dies beginne bereits bei der Rollenverteilung zwischen Frauen und Männern. Außerdem werde den Jugendlichen ein Gefühl von Zugehörigkeit und Anerkennung gegeben und sie fänden damit wieder einen Sinn im Leben. Es gehe ihnen dabei darum, eine gerechte Welt zu schaffen.
Zur Gefahr werden die Salafisten, so Horst, weil sie die freiheitlich demokratische Grundordnung beseitigen möchten. Demokratie sei für sie eine Vielgötterei. Außerdem führe ihr Schwarz-weiß-Denken, die strikte Einteilung der Menschen in gute Gläubige und schlechte „Ungläubige“ zu Hass gegenüber bestimmten Gruppierungen wie den Menschen im Westen, den Juden und den Homosexuellen. Zudem würden die Jugendlichen mit Paradiesvorstellungen gelockt und mit anschaulichen, qualvollen Höllenvorstellungen „gewarnt“.
Für ihre Propaganda würden die Salafisten die Medien nutzen, die bei den Jugendlichen sehr beliebt seien. Vor allem in sozialen Netzwerken könnten sie dadurch enorm auf sich aufmerksam machen, zumal die Eltern nicht immer die Kontrolle darüber hätten, womit sich ihre Kinder im Internet beschäftigten. Die jungen Menschen würden auf emotionaler Ebene angesprochen.
Verschärfend komme noch hinzu, dass die Sprache in den Netzwerken vor allem Deutsch sei. Zwei Drittel der hiesigen Salafisten hätten die deutsche Staatsangehörigkeit. „Der Salafismus ist ein deutsches Problem“, betonte Dr. Hans Horst. Ursachen sehe er in der gescheiterten Integration der türkischen Gastarbeiter, die in der Nachkriegszeit nach Deutschland gekommen seien. Damals hätte man die neuen Einwanderer nicht wirklich in die Gesellschaft aufgenommen. In manchen Muslimen löse dies immer noch ein Gefühl von Frustration aus, was ein zusätzlicher Grund für einige sei, sich den Salafisten anzuschließen.
Wie aber kann man verhindern, dass sich Jugendliche den Salafisten anschließen? „Um die Jugendlichen vom Salafismus fernhalten zu können, sind Präventions- und Unterstützungsmaßnahmen erforderlich“, erklärte Horst, „Unterstützung bei der Ausbildung bzw. Berufsausbildung und Jugendarbeit“. Aufklärung der Jugendlichen über politisch extreme Gruppierungen wie den Salafismus und die von ihnen ausgehenden Gefahren sei dringend notwendig.
Wichtig sei, dass sich niemand aus der Gesellschaft ausgeschlossen fühle. Denn vor allem der Eindruck, nicht richtig zur Gesellschaft dazu zu gehören, erleichtere die politische Radikalisierung.