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Sterbende in die Gesellschaft integrieren

Dr. Hanke beim KKV Nürnberg
Datum:
Veröffentlicht: 8.11.16
Von:
Julia Rötzer

Vortrag beim KKV Nürnberg warb für die Rechte Schwerstkranker

Es ist ein Thema, mit dem jeder sich früher oder später alle einmal beschäftigen muss, das viele Menschen aber gerne vor uns herschieben. Wie möchten wir sterben? Auf viele damit zusammenhängende Fragen ging Dr. Roland Hanke in seinem gut besuchten Vortrag „Die Rechte der Sterbenden“ beim KKV Nürnberg ein. Er warb dafür, dass dass die „Wünsche, Werte und Vorstellungen“ der Sterbenden respektiert werden. Nur so bleibe die Würde des Menschen auch während seines Sterbens gewahrt.

Es ist ein Thema, mit dem jeder sich früher oder später alle einmal beschäftigen muss, das viele Menschen aber gerne vor uns herschieben. Wie möchten wir sterben? Auf viele damit zusammenhängende Fragen ging Dr. Roland Hanke in seinem gut besuchten Vortrag „Die Rechte der Sterbenden“ beim KKV Nürnberg ein.

Zu Beginn zog Dr. Roland Hanke vom Palliativ-Care-Team in Fürth einen Vergleich: Vor etwa 30, 40 Jahren habe man Behinderte in der Öffentlichkeit gar nicht gesehen, weil sie versteckt worden seien. Mittlerweile werde immer mehr getan, damit Menschen mit Behinderung am Leben teilnehmen können. Genauso müsse man auch die Sterbenden in die Gesellschaft integrieren. Die Hemmschwelle im Umgang mit Schwerstkranken müsse deutlich heruntergefahren werden.

Auch Menschen, die bald sterben werden, möchten weiterhin wie jeder andere Mensch behandelt werden. „Die Sterbenden selbst haben mit dem künftigen Tod häufig weniger Probleme als ihre Angehörigen“, erklärte Dr. Hanke. Dies liege oft daran, dass die Angehörigen Probleme hätten, loszulassen.

Schwerstkranke hätten zudem das Bedürfnis, ehrliche Antworten auf Fragen zu ihrer Krankheit zu erhalten. Das sei wichtig, damit der Patient wisse, worauf er sich einstellen könne. Auch wenn dies manchmal weh tue, sei es doch besser, als nicht die Wahrheit zu sagen, weil der Kranke trotzdem bemerke, dass etwas nicht stimme. Probleme bereite den Betroffenen, die Sprache der Ärzte und Pfleger richtig zu verstehen. Eine leicht verständliche Sprache bei der Aufklärung über den gesundheitlichen Zustand sei also enorm wichtig. Hilfreich sei für den Sterbenden, ihn zu fragen, wie es ihn mit der Diagnose gehe; so könne man herauszufinden, welche Art von Unterstützung er brauche.

Der Schwerstkranke könne aus der spirituellen Welt Kraft und Trost schöpfen. Das sei nicht unbedingt an die Religiosität gekoppelt, meinte Hanke, sondern das seien die Dinge, die jeden Morgen Kraft gäben, aufzustehen, obwohl der Kranke z.B. Schmerzen habe. Das könne die Familie oder die Natur sein. Für jeden Menschen sei etwas Anderes ausschlaggebend. Diese Spiritualität verhelfe zu einer Lebensstruktur, die den Umgang mit der Krankheit erleichtere.

Als bedeutend bezeichnete Hanke, dass die Angehörigen am Sterbeprozess teilnehmen. Das sei zwar nicht immer einfach, doch sowohl für die Angehörigen als auch für die Sterbenden selbst sei ein letzter Abschied wichtig. Auch die Kinder dürfe man hier nicht ausschließen. „Psychotherapiepraxen sind voll von Menschen, die keine Möglichkeit hatten, sich zu verabschieden“, erklärte Dr. Hanke. Der Abschied sei zwar schmerzhaft, der Tod des geliebten Angehörigen könne aber so leichter verarbeitet werden. Oftmals müsse noch etwas Persönliches zwischen dem Patienten und einem Angehörigen geklärt werden, bevor der Sterbende seine Ruhe finden könne. Hierbei spiele vor allem das Thema Vergebung eine wichtige Rolle.

Ferner wies Dr. Hanke darauf hin, dass der Sterbende überhaupt das Recht haben muss, sterben zu dürfen. Dies erfordere einerseits den Mut des Patienten und dessen Angehöriger, den Tatsachen ins Auge zu blicken und alles so zu regeln, dass der Wille des Kranken umgesetzt werde. Andererseits benötigten auch die Ärzte häufig den Mut, sich und den Patienten einzugestehen, dass eine weitere Behandlung nicht helfen würde.

Hanke betonte, dass bei einer Patientenverfügung darauf zu achten sei, dass sie konkret genug formuliert werde, und empfahl die Bayerische Patientenverfügung.

Hanke machte deutlich, dass sich Hospizarbeit auf das Leben und die Lebensgestaltung beziehe und nicht, wie oftmals irrtümlich angenommen, auf das Sterben hinarbeite. Durch die Begleitung des Hospizdienstes werde die Lebensqualität der Menschen verbessert, denn das Bewusstsein, sein Leben bis zum Schluss mitzugestalten, habe eine große Auswirkung auf das Wohlbefinden. Die Hilfe des Hospizdienstes gebe Sicherheit, nicht zwangsläufig im Krankenhaus sterben zu müssen. Durch das kürzlich in Kraft getretene Hospiz- und Palliativgesetz habe der Sterbende in Krankenhäusern, Altenheimen und bei Pflegediensten zudem einen gesetzlichen Anspruch, sein Sterben und seinen Lebensabend mit zu bestimmen.

Die Hospizhelfer begleiteten auch die Angehörigen nach dem Tod des Schwerstkranken. Dadurch lasse sich verhindern, dass sie in eine tiefe Depression fallen. Für eine Hospizbegleitung sei die Verordnung durch den Hausarzt erforderlich. Die Kosten dafür trage dann die Krankenkasse.

Hanke erwähnte auch die Charta für Sterbende. Sie wolle dazu beitragen, dass die „Wünsche, Werte und Vorstellungen“ der Sterbenden respektiert werden. Es habe sich also schon etwas getan, damit die Sterbenden weiterhin an der Gesellschaft teilhaben können. „Es muss sich aber noch viel mehr tun“, sagte Dr. Hanke. Nur so bleibe die Würde des Menschen auch während seines Sterbens gewahrt.