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„Teilhabe durch Bildung ist heute die zentrale Herausforderung“

Schallenberg beim Landestreffen in Bamberg
Datum:
Veröffentlicht: 26.10.16
Von:
Julia Rötzer

Prof. Schallenberg sprach in Bamberg über zentrale Anliegen der katholsichen Soziallehre

Die Würde des Menschen ist die Mitte der katholischen Soziallehre. Dies führte Prof. Dr. Peter Schallenberg in seinem Vortrag aus, den er beim Landestreffen des KKV Bayern zum 125-jährigen Jubiläum der päpstlichen Sozialverkündigung hielt.

1891 hatte Papst Leo XIII. die erste päpstliche Sozialenzyklika, das Rundschreiben „Rerum Novarum“, veröffentlicht. Doch damit begann nur die päpstliche Soziallehre, nicht die christliche Sozialethik, stellte Schallenberg gleich eingangs klar. Denn „Rerum Novarum“ habe eine Vorgeschichte, die bis in die griechische Antike zurückreiche.

Das Wort Ethik, führte der Geistliche Beirat des KKV Bundesverbandes aus, stamme aus dem Griechischen. Die Ethik sei das wirklich Gute, nämlich die Liebe. Der Begriff Liebe sei jedoch von den Philosophen im alten Griechenland nicht häufig verwendet worden. Stattdessen habe man von der Glückseligkeit gesprochen. Platon habe sie „die Schönheit der Seele“ genannt. Heute bezeichneten wir dies als Würde.

Schallenberg zeichnete ferner Franz von Assisi als Vorbild späterer Soziallehre. Franzikus habe versprochen, dass er den ersten Menschen, dem er begegnen würde, umarmen und umsorgen werde. Das sei ein Leprakranker gewesen. Franz von Assisi habe sein Versprechen eingehalten und damit einen wichtigen Beitrag zum sozialen Gedanken im Christentum geleistet.

Die Hinwendung zu den Armen habe auch zur Entstehung der sozialen Marktwirtschaft beigetragen. Im ausgehenden Mittelalter hätten Wohlhabende in Italien ihr Geld gegen Pfand verliehen, da damals das Verlangen von Zinsen verboten gewesen sei. Damit hätten auch ärmere Leute die Möglichkeit gehabt, sich z.B. Tiere zu kaufen, um Landwirtschaft zu betreiben. Auf diese Art sei ein Beitrag geleistet worden, um die Armut ein Stück weit zu bekämpfen.

Das sei die erste Form des Kapitalismus gewesen. Schallenberg folgerte, dass der Grundgedanke des Kapitalismus nicht schlecht sei, wenn der Gewinn für einen guten Zweck eingesetzt werde. Problematisch werde es dann, wenn einzelne das System ausnutzten, um sich selbst auf Kosten anderer zu bereichern, die dann unter die Räder kämen. Davor, so der Leiter der Katholischen Sozialwissenschaftlichen Zentralstelle, habe Papst Franziskus gewarnt mit seiner Aussage: „Diese Wirtschaft tötet.“

In der Sozialenzyklika „Rerum novarum“ habe sich Papst Leo XIII. dafür eingesetzt, dass Arbeiter die Möglichkeit hätten, Landeigentum zu erwerben und sich zu Gewerkschaften zusammenzuschließen. Vor allem letzteres sei lange innerhalb der katholischen Kirche umstritten gewesen, weil gemischt konfessionelle Versammlungen nicht gerne gesehen worden seien und eine Versammlung nur zu religiösen Zwecken stattfinden sollte. Solche Vereinigungen hätten den Arbeitnehmern aber nicht dabei geholfen, ihre Rechte gegenüber den Arbeitgebern durchzusetzen. Als Berater des Papstes habe Bischof James Gibbons aus den USA eine entscheidende Rolle für die erste katholische Sozialenzyklika gespielt. Gibbons habe als Kind irischer Auswanderer soziales Elend aus eigener Anschauung gekannt.

Als Anwalt der Menschenwürde nahm Schallenberg den Staat in die Pflicht. Die Wahrung der Menschenwürde sei das oberste Ziel des Staates. Er habe dafür zu sorgen, dass niemand „im Straßengraben lande“. Ferner müsse er sich um die Menschen kümmern, die am Rand der Gesellschaft lebten, müsse diese reintegrieren und dürfe sie nicht nur „stilllegen“. Außerdem müsse der Staat nicht nur dafür sorgen, dass die Gesetze eingehalten werden, sondern er müsse erkennen, „wo die Menschen im Straßengraben liegen“. Ein Sozialstaat trage folglich Verantwortung für die Bedarfssicherung des Menschen.

Als zentrale Herausforderung heute identifizierte Schallenberg, durch Bildung die unterschiedlichen Möglichkeiten der Menschen auszugleichen und dadurch ihre Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu gewährleisten.

Am Schluss seines Vortrages im Bistumshaus St. Otto formulierte er die Aufgabe eines katholischen Sozialverbandes: „Der KKV soll die Menschen befähigen, über sich und ihre Möglichkeiten des Lebens nachzudenken, sich Gedanken zu machen darüber: Was wird dem Menschen gerecht?“