"Unser Mangel liegt im Immateriellen"

Stellvertretender Landesvorsitzender sieht schlechte Kommunikation als derzeit größtes Produktivitätshindernis
„Mensch bleiben in der Arbeitswelt“ lautete das Thema des 89. KKV Bundesverbandstages. Er fand 26. – 28. Mai in München. Der stellvertretende Landesvorsitzende Erik Händeler eröffnete ihn mit einem Vortrag, in dem er sich mit einer Arbeitswelt auseinandersetzte, die sich aufgrund von Digitalisierung und Globalisierung stark verändert hat.
Viele Menschen hätten Angst vor der Digitalisierung, erklärte Händeler, weil sie befürchteten, dass durch sie rund 40 % der Arbeitsplätze verloren gingen und damit eine Massenarbeitslosigkeit drohe. Angst sei aber nicht hilfreich, denn sie lähme. Daher sei es enorm wichtig, den Menschen die Veränderungen zu erklären, um den Befürchtungen entgegenzuwirken.
Eine Erklärung lieferte Händeler anhand der allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung der letzten drei Jahrhunderte. Neue Erfindungen, wie die Dampfmaschine, die Eisenbahn oder der elektrische Strom hätten die Produktivität gesteigert. Dabei hätten die Menschen jedes Mal die Sorge gehabt, dass sie nun durch eine Maschine ersetzt würden und ihnen deshalb die Arbeitslosigkeit drohe. Doch habe gerade die erhöhte Produktivität die Voraussetzung geschaffen für das Entstehen neuer Arbeitsplätze.
Heute könnten die Industriestaaten die Produktivität mithilfe von technischen Erneuerungen kaum noch steigern; die Möglichkeiten seien weitgehend ausgeschöpft. In Zukunft gehe es vor allem darum, Wissen zu verarbeiten und zu strukturieren. „Wir haben keinen Mangel am Materiellen, sondern am Immateriellen“, betonte Händeler. Er definiert Arbeit in erster Linie nicht als körperliche Betätigung, sondern als Lösen von Problemen. Da wir immer Probleme hätten, würde es auch künftig keinen Mangel an Arbeitsplätzen geben. Die Fähigkeit, mit Wissen umzugehen, werde immer wichtiger, auch für Nicht-Akademiker. Davon hänge auch unser Wohlstand ab.
Der Umgang mit Wissen sei unmittelbar mit dem Umgang mit anderen Menschen verbun-den, da man seine Gedanken austauschen müsse. Hierfür sei es wichtig, den Menschen hinter der Technik zu betrachten. Zudem träfen im Rahmen der Globalisierung viele unterschiedliche Kulturen aufeinander. Für die Zusammenarbeit sei deswegen eine gute Kommunikation absolut notwendig, vor allem eine gute Streitkultur. Gerade bei Letzterem hat nach Händelers Überzeugung unsere Gesellschaft noch Nachholbedarf.