Von Ignatius zu Papst Franziskus

Vortrag beim KKV Erlangen über die Entwicklung des Jesuitenordens
„Der Nagel, den Ignatius einschlägt, zieht niemand mehr heraus.“ Joe Übelmesser mag konkrete Bilder. Auf anschauliche und lebendige Weise hält er einen Vortrag über „Der Jesuitenorden von Ignatius von Loyola bis Papst Franziskus“. Beim KKV Erlangen geht der langjährige Missionsprokurator der Jesuiten in Nürnberg auf den Mann ein, der nicht nur 1540 die Societas Jesu (Gesellschaft Jesu, SJ), den Jesuiten-Orden, gegründet hat, sondern auch 1609 selig und 1622 heilig gesprochen wurde. „Das Bild von Ignatius“, so Übelmesser, „schwankt in der Geschichte zwischen Bewunderung einerseits und offener Feindschaft andererseits.“
Ignatius von Loyola (1491-1556) gilt als „Offizier Gottes“, der aus vornehmem baskischen Hause stammte und Soldat war, ehe er sein Leben radikal änderte. Eher durch Zufall geriet er während einer Krankheit an religiöse Literatur, entdeckte die Stille des Einsiedlertums und hatte seine ersten Visionen. „Er schrieb 7000 Briefe in die ganze Welt“, erzählt Übelmesser bei seinem Vortrag im Erlanger Pfarrzentrum St. Sebald. Als Ordensgeneral verfasste Loyola zudem das Regelwerk des Ordens, die Ordenssatzung. Dabei war ihm neben den üblichen Gelübden Armut, Gehorsam und Keuschheit besonders auch eines wichtig: die enge Bindung an den Papst sowie die Treue zu ihm.
Heute hat die Gesellschaft Jesu, die in 84 Provinzen aufgeteilt ist, knapp 17.000 Anhänger. Während die Mitgliederzahl in Asien und Afrika in einigen Provinzen deutlich zunimmt, stagniert sie in Lateinamerika und nimmt in Europa sowie Nordamerika mehr und mehr ab. Einer der Ordensbrüder ist auch Papst Franziskus. „Als wir hörten, dass einer aus unsern Reihen das neue Oberhaupt der katholischen Kirche geworden war, wurde das im Orden insgesamt mit Skepsis und zwiespältigen Gefühlen aufgenommen“, sagt Joe Übelmesser. Der 82-Jährige weiß um die vielen Hoffnungen, die Menschen auf der ganzen Welt mit dem „Neuen“ verbinden; und er weiß auch, dass man keine Wunder erwarte dürfe.
Der Papst, so Übelmesser, schätze am Jesuitenorden besonders den Sendungscharakter, den starken Gemeinschaftssinn sowie die große Disziplin. „Besonders die Gemeinschaft könnte Franziskus langfristig vermissen“, mutmaßt Übelmesser. Ihm gefällt die Haltung seines berühmten Ordensbruders, der sich als Sünder ansieht und jemand, der Gott im Heute begegne. Dies sei eine Anspielung auf die ignatianischen Exerzitien, die in den Gedanken mündeten, dass man Gott in allen Dingen finden könne und solle. „Damit wird das Leben selbst zum Gebet“, sagt Übelmesser, der auch Geistlicher Beirat des KKV Nürnberg ist.
Für die Jesuiten stehen neben ihrem Schwerpunkt im Bereich von Bildung und Erziehung die Verkündigung des Glaubens sowie der Einsatz für Gerechtigkeit an erster Stelle. Dabei werde die Welt selbst zum Kloster, erklärt Übelmesser. „Da wir nicht ortsgebunden sind, befinden wir uns eigentlich dauerhaft auf einer Art Pilgerreise“, sagt er. „Die 'Rettung der Seelen' ist daher eng mit der Idee der Weltmission verbunden.“ Seit 1980 ist der weltweite Jesuiten-Flüchtlingsdienst (JRS) an die Stelle der klassischen Missionsarbeit getreten und zu einem wichtigen Standbein der Ordensleute geworden. Inzwischen ist der JRS mit 1200 Mitarbeitern in mehr als 50 Ländern vertreten und setzt sich für die Rechte von Flüchtlingen und Migranten ein. „Wir wollen den Menschen zeigen, dass sie in ihrer oftmals verzweifelten Lage nicht allein sind“, sagt Übelmesser. Als Papst Franziskus im vergangenen Sommer die süditalienische Insel Lampedusa besuchte, die als Ziel Tausender afrikanischer Bootsflüchtlinge gilt, sei dies nicht zuletzt eine Geste gewesen, die aus dem Ordensverständnis des Papstes im Einsatz für die Armen und an den Rand Gedrängten herrühre.