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Wissensgesellschaft birgt neue Chancen für Wirtschaft und Kirche

Datum:
Veröffentlicht: 18.6.14
Von:
Erik Händeler

Stellvertretender Vorsitzender des KKV Bayern kritisiert neues Sozialwort der Kirchen

Das neue Sozialwort der beiden großen Kirchen Deutschlands wird der modernen Wissensgesellschaft nicht gerecht. Auf diesen Punkt lässt sich die Kritik des stellvertretenden Vorsitzenden des KKV Bayern an dem Text „Gemeinsame Verantwortung für eine gerechte Gesellschaft“ bringen, den die Deutsche Bischofskonferenz und der Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland Ende Februar veröffentlicht haben. „Das Papier übersieht den Strukturwandel hin zu immaterieller Gedankenarbeit“, schreibt Erik Händeler in seiner Stellungnahme.

Grenzen des Wachstums gebe es bei der Produktion von Waren, nicht aber bei Arbeit, die im Nachdenken und in der Aneignung und Verarbeitung von Information besteht. Solche Arbeit prägt nach Händelers Überzeugung heute das Wirtschaftsleben: Planen, Organisieren, Analysieren, Recherchieren, Entwickeln, Beraten. Der stellvertretende KKV-Landesvorsitzende hält daher auch die Befürchtung für unrealistisch, die Arbeit werde immer weniger und Erwerbsarbeit zunehmend durch unbezahltes ehrenamtliches Engagement ersetzt: „Arbeit ist, Probleme zu lösen; und weil wir immer Probleme haben werden, wird uns auch die bezahlte Arbeit nicht ausgehen.“

Als entscheidend für wirtschaftlichen Erfolg sieht Händeler die Fähigkeit an, Wissen anzuwenden. In einer hoch spezialisierten Wissensgesellschaft sei daher zum einen jeder einzelne Mitarbeiter wichtig. Zum anderen komme es auf eine konstruktive Zusammenarbeit all der Spezialisten an. In eine Arbeitskultur zu investieren, die dies sicherstellt, hält Händeler für die Voraussetzung künftigen Wohlstands.

Darin erkennt er auch eine Chance für den christlichen Glauben. Gute Zusammenarbeit setze Verhaltensweisen wie Wahrhaftigkeit, Vergebungsbereitschaft oder Demut voraus – Kernanliegen der Botschaft Jesu.

Im Kontext der modernen Wissensgesellschaft hält Händeler es auch für zu kurz gegriffen, die Banken- und Finanzkrise aus moralischem Versagen der Akteure zu erklären. Händeler sieht die eigentliche Ursache im Mangel an lohnenden Investitionsmöglichkeiten. Da der Innovationsschub durch die Entwicklung des Computers inzwischen weitgehend ausgereizt sei, werde mit dem nicht genutzten Kapital spekuliert.

Eine Wende erhofft sich Händeler von der Erkenntnis, dass für die Wissensgesellschaft die Gesunderhaltung der Berufstätigen eine zentrale Investition bedeutet. Die Wirtschaft in der Wissensgesellschaft könne es sich nicht leisten, Bildung und intellektuelle Fähigkeiten zu vergeuden, indem sie die Beschäftigten krankmachenden Arbeitsbedingungen aussetze. Die Notwendigkeit für „ein präventives Gesundheitssystem“ hätten die Kirchen als Thema bislang verschlafen, meint Händeler. Und er kritisiert am Sozialwort: „Das Kapitel zum demographischen Wandel geht rein von der Zahl Älterer aus und tut so, als sei der 60jährige des Jahres 2030 mit dem 60jährigen des Jahres 1990 zu vergleichen. Der demografische Wandel ist kein Umverteilungsproblem, sondern ein Problem des Wandels von Arbeitsstrukturen hin zur Wissensarbeit: Als Übersetzer und Gutachter kann man noch mit 75 Jahren gute Arbeit leisten, wenn auch bei weniger Druck und Stundenzahl. Wir müssen die Arbeitswelt so ändern, dass wir im Beruf gesund alt werden können.“

Im Wortlaut nachzulesen ist Erik Händelers Stellungnahme auf  www.sozialinitiative-kirchen.de. Sie ist dort als Gastbeitrag unter dem Datum 13. Juni 2014 veröffentlicht.

Der KKV Landesverband Bayern der Katholiken in Wirtschaft und Verwaltung befasst sich mit den Herausforderungen der modernen Wissensgesellschaft im Rahmen des Projekts „Die neue Arbeitskultur“. Thesen dazu finden sich auf der im Aufbau befindlichen Webseite www.neuearbeitskultur.de.