Kommunikation nicht abreißen lassen
Je älter und je verzweigter ein Unternehmen ist, umso mehr belasten ungelöste Konflikte der Vergangenheit die Gegenwart. Gestörte oder gar abgebrochene Kommunikationskanäle drücken die Produktivität und belasten die Mitarbeiter.
Der erste Schritt, den Gesprächsfaden nicht abreißen zu lassen, ist, sich zu hinterfragen: Wer versucht, sich selbst zu erkennen, kann dabei erschrecken. Was man sagt und tut, entspricht nicht immer der Wahrhaftigkeit, sondern sucht den persönlichen Vorteil. Sich selber gegenüber wachsam zu sein, ist eine schwere Übung; „normal“ im Sinne von weiter verbreitet ist eher, die Wahrnehmung vom eigenen Verhalten dem möglichst positivem Selbstbild anzupassen, und nicht umgekehrt.
Der zweite Schritt ist, sich über die Fakten klar zu werden. Viele verweigern gerade deshalb die Kommunikation, weil sie die Fakten gar nicht klären wollen, sonst würde eine Behauptung in sich zusammenfallen oder man schlecht aussehen. Man kann nicht jemanden verurteilen, wenn man nicht mit ihm gesprochen hat. Das Gespräch aufrecht zu erhalten dient auch dazu, sich gegenseitig die Wahrnehmung zu spiegeln. Wenn wenigsten Einigkeit in den Fakten besteht, es nur um unterschiedliche Wertung der Fakten geht, ist schon viel erreicht.
Der dritte Schritt ist, zu einer gemeinsamen Wertung zu kommen – am besten mit Hilfe eines neutralen Moderators. Wenn klar ist, dass jemand nicht ehrlich war, egoistische Zeile verfolgte oder gar jemanden geschädigt hat, steht er vor der Wahl, es nach außen zu rechtfertigen, gerade zu biegen, um zu versuchen, seinen Status aufrecht zu erhalten - oder den Fehler einzugestehen.
Wer es mit jemandem zu tun hat, der seinen Fehler nicht eingestehen will, der könnte es einfach vergessen. Das hat den Nachteil, dass keine ehrliche und gerechte Arbeitskultur entsteht, dass man dem anderen weiter misstraut, und ein Unrecht in der Luft hängt. Wem Unrecht geschehen ist, der sollte für sein recht kämpfen – nicht weil es um ihn geht, sondern um der Gerechtigkeit willen, die in einem Firmensystem die Überlebensfähigkeit sichert. Deswegen ist die beste Möglichkeit, das Unrecht ihm weiter nachzutragen – aber mit offenem Visier: „Bei dem Projekt hast Du mir Leute entzogen, dort hast Du mich beim Vorstand schlecht ausschauen lassen; doch Du verweigerst das Gespräch und lässt mich, wenn ich es versuche, gegen die Wand fahren. Ich bin stinksauer auf Dich, trotzdem kannst Du Dich darauf verlassen, dass ich mit Dir beim nächsten Projekt kooperiere, ohne Dir einen Dolch in den Rücken zu stoßen, doch warte ich weiterhin darauf, dass Du den früheren Fehler korrigierst.“
Gibt er aber einen Fehler zu, so scheitert das Verhältnis oft dran, dass der eine den Fehler des anderen für seine Zwecke ausnutzt, etwa ihm im Ansehen herabzuwürdigen, um daraus einen Vorteil zu ziehen. Wer aber seinen Fehler zugibt, dem muss man eine Chance geben, sein Unrecht wieder gut zu machen. Wer seinen Fehler zugibt, der sollte eine Aussicht darauf haben, dass ihm verziehen wird. Es gibt Verzeihung und Versöhnung, aber dazu gehört, Schuld anzuerkennen und zu bereuen. Die gilt auch für häufige, wiederholte Male, und sei es sieben mal siebzig Mal.